Dresden. Kürzungen bei Bus und Bahn.

Wie in vielen Gemeinden und Städten gerät der ÖPNV durch Kostensteigerungen auf allen Ebenen sowie Einnahmeveränderungen im Zuge des Deutschlandtickets unter finanziellen Druck. In Dresden fehlen aktuell 18 Mio. Euro im laufenden Haushalt, die durch Sparmaßnahmen beim Angebot kompensiert werden sollen. (vergl. https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/dresden/dresden-radebeul/kuerzungen-plaene-bus-bahn-zuschuesse-100.html)
Die Dresdner Verkehrsbetriebe argumentiert, der steigenden Nachfrage entsprechend, müsse man das Angebot eigentlich ausbauen und rechnet mit mehr Verkehr im Bereich Autofahrten. Als Maßnahmen werden vor allem die Taktungen einzelner vor allem Buslinien ausgedünnt.

Es ist an der Zeit, einen differenzierten Blick auf Verkehrssysteme in Städten zu werfen. Lange Zeit galt die Strategie: Ausbau des ÖPNV und Verteuerung des MIV (Parkraumbewirtschaftung, Verknappung von Park- und Fahrräumen) in Städten als die einzig richtige Perspektive auf die urbane Mobilität. Doch haben Maßnahmen wie das Deutschlandticket nicht zu einer wesentlichen Verlagerung auf den ÖPNV geführt. Im Gegenteil: Abonnementkunden des ÖPNV sind einfach auf das Deutschlandticket umgestiegen und profitieren von deutlichen Vergünstigungen im Vergleich zur regulären Abo-Monatskarte. Profieure des Deutschlandtickets sind auch diejenigen ÖPNV-Nutzenden, die beruflich zwischen Städten pendeln, die nicht allzu weit voneinander entfernt liegen und mit dem Nahverkehr verbunden sind.

Wie kommt es dazu, dass Verlagerungseffekte wie sie anfangs prognostiziert wurden, nicht im gewünschten Maße eintreten? Eine Antwort darauf liefert die Betrachtung der modalen Wechseloffenheit zwischen den Verkehrsarten. Genau genommen gilt: Wenn ich ÖPNV-Abonnent bin, nutze ich den ÖPNV, wenn ich ein Auto besitze, nutze ich das Auto. Es ist unattraktiv, in das jeweils andere Verkehrsmittel zu wechseln, denn die Kosten für Einzelnutzungen sind entweder unattraktiv oder unmöglich. Einzelfahrt in Dresden kostet aktuell 3,00 EUR, bei Fahrradmitnahme 5,20 EUR.
Ein Mittelklasseauto verursacht ca. Kosten in Höhe von 600,00 EUR / Monat, schon dieser Kostenansatz allein führt zu einer persönlichen Verrechnung pro Auto, d. h. wenn ein Auto vor der Tür steht, ist es alle Mal günstiger, es für die persönlichen Fahrten zu nutzen, als ein anderes Verkehrsmittel zu wählen.
Mit anderen Worten: Die Verkehrsarten bilden in sich logische Systeme ab, die ein Abweichen von einem einmal eingeschlagenen Weg schwer machen. Das bedeutet aber auch: Diejenigen, die sich für ein Auto entschieden haben, werden nur unter außergewöhnlichen Umständen auf den ÖPNV ausweichen (wenn das Auto mal kaputt, verliehen usw.) ist. Diejenigen, die sich für ein ÖPNV Monatsticket entschieden haben, steht kein PKW zur Verfügung oder andere Themen behindern dessen Nutzung.

Die Betrachtung zeigt aber auch: Verlagerungen und Wechsel zwischen ÖPNV und MIV sind mehr oder weniger marginal und statistisch zu vernachlässigen.

Ehrlicherweise werden alle Verkehrsarten auf die ein oder andere Art in Deutschland subventioniert. Sei es die Infrastruktur für den ÖPNV, sei es der öffentliche Raum der Straßen und Plätze für den IV. Es ist richtig und wichtig, Schüler- und Ausbildungsverkehre zu subventionieren und die Hürden für die Nutzung des ÖPNV für diese Zielgruppen wirtschaftlich niedrig zu gestalten. Gilt dies auch für alle anderen Zielgruppen des ÖPNV? Vermutlich nicht. Politische Ziele beeinflussen die Entwicklung der Verkehre weiterhin einschneidend. Im urbanen Raum wird der öffentliche Raum zunehmend knapp – vor allem der Platzbedarf des MIV gerät zunehmend ins Visier der Öffentlichkeit, weniger derjenige des ÖPNV. Zwischen den beiden größten Positionen MIV und ÖPNV geraten Rad- und Fußverkehr ins Hintertreffen. Aktuelle politische stark polarisierende Positionen verstellen den offenen Blick auf sachlich notwendige Entscheidungen zur modernen Stadtentwicklung. Häufig entsteht deutlich mehr Konkurrenz zwischen dem ÖPNV und dem Radverkehr, als zwischen dem MIV und dem ÖPNV. Der ÖPNV spielt seine Überlegenheit zu Kernzeiten und auf Kernrouten aus, ein Gelenkbus der Linie 61 ab Schillerplatz bis Weißig verkehrt ab spätestens 20.00 Uhr abends fast leer. Die Reaktion der DVB, hier die Taktung zu vergrößern ist völlig richtig, vermutlich würde es noch größere Sparpotentiale entfalten, diese Linie ab 20.00 Uhr werktags nur noch bis Schillerplatz verkehren zu lassen.

Der Beitrag wirbt für eine reale Kostenbetrachtung aller Verkehrsträger in einer Stadt / in einem System am Beispiel Dresdens. Zum einen stellt sich die Frage, wieso im Rahmen des Deutschlandtickets, einzelne Nutzungszielgruppen steuersubventionierte Mobilität (Deutschlandtickt) in Anspruch nehmen können und andere nicht, obgleich der prognostizierte Verlagerungseffekt marginal ist. Hierbei stellt sich vor allem die Frage, wieso die ÖPNV-Mobilität so hoch subventioniert wird, vermutlich wäre auch ein Deutschlandticket, welches 100,- EUR kostet, noch subventionsbedürftig und würde andererseits nicht die Preismodelle der regionalen ÖPNV-Anbieter kanibalisieren.

Zur allgemeinen Wertschätzung der Mobilitätsleistungen insgesamt braucht es eine realistische Beteiligung aller dazu fähigen Nutzergruppen an den Kosten jedweder Mobilität. Politische Einflüsse, die den Blick schon zu lange verstellen, sollten dabei in den Hintergrund treten. 58,00 EUR monatlich für das neue Deutschlandticket sind weit von einer realen Umlegung der Kosten für bundesweite Mobilitätssysteme entfernt. Sinnvollerweise sollte es wieder abgeschafft werden. Ein realistischer Preis läge eher im Bereich der Kosten für einen Kleinwagen (300,00 EUR/Monat)
Die Inanspruchnahme öffentlichen Raumes für Parkzwecke muss realistische und kostenrealistische Züge annehmen, dies bedeutet Budgets fürs Bewohnerparken in Höhe von etwa 400,00 EUR/Jahr.

Fahrzeuge, die in die Stadt einpendeln, müssen angemessen an den Kosten der Infrastruktur (P&R Parkplätze, Innenstadtparkmöglichkeiten, etc.) beteiligt werden. In welcher Weise, läßt sich sicherlich errechnen. Dabei sollte die Beteiligung deutlich stärker an der tatsächlichen Nutzung orientiert sein, das bedeutet, Mautmodelle ohne nutzungsabhängige Effekte verbieten sich ebenso. Die Größen der Fahrzeuge sowie ihr Schadstoffausstoß, sollten angemessene Berücksichtigung dabei finden.

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