Rundheraus gesagt liegt die Situation der wenigen Kreisverkehre in Dresden an einer Kombination aus historischen, planerischen und verkehrstechnischen Faktoren und der konservativen Stadtpolitik der letzten 30 Jahre:
1. Historische Stadtstruktur
Obgleich es angesichts der großzügigen Straßenanlagen wie z. B. St. Petersburger Straße abwegig erscheint, hat Dresden viele enge, gewachsene Straßenzüge, in der Altstadt, Neustadt und weiteren innerstädtischen Vierteln.
Diese lassen oft nicht genug Platz für einen vollwertigen Kreisverkehr, der gewisse Radien für alle Verkehrsarten (inkl. Bus, LKW, Fahrrad) braucht. Gelenkbusse steuern sich nicht so leicht und flüssig durch Kreisverkehre.
Viele Kreuzungen wurden schon sehr früh ampelgesteuert ausgebaut, was nach der Wende beibehalten wurde.
Durch die enge Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung und die praxisorientierte Forschung hat das Verkehrswissenschaftliche Institut der TU Dresden einen direkten Einfluss auf die Gestaltung der Verkehrssteuerung in Dresden. Die entwickelten Systeme und Konzepte werden in der Stadt implementiert, um den Verkehr effizienter und umweltfreundlicher zu gestalten.
2. ÖPNV-Führung – Vorrang für Straßenbahnen
Dresden hat ein sehr dichtes Straßenbahnnetz, das an vielen Hauptachsen verläuft. Kreisverkehre sind für Straßenbahnen schwerer zu steuern, besonders wenn diese mehrere Linien gleichzeitig kreuzen. Ampeln ermöglichen hier genaue Priorisierung und Taktung des Bahnverkehrs, insbesondere auch Vorrangschaltungen für Straßenbahnen und auch Busse.
3. Stadtplanung und DDR-Erbe
In der DDR-Zeit wurde stark auf Signaltechnik und Ampelsteuerung gesetzt, weil diese zentral steuerbar und technisch besser kontrollierbar war. Viele dieser Kreuzungen wurden später modernisiert, aber nicht grundlegend umgebaut – auch aus Kostengründen.
4. Kreisverkehre eher in Randlagen
Wo genug Platz vorhanden ist (z. B. in Neubaugebieten oder am Stadtrand), wurden durchaus Kreisverkehre gebaut. Beispiele: In Coschütz, Gompitz oder an Ausfallstraßen sieht man deutlich häufiger moderne Kreisverkehre.
5. Kosten und Umbauaufwand und Politik
Der Umbau einer Ampelkreuzung in einen Kreisverkehr ist teuer und komplex, vor allem bei mehrspurigen Straßen, ÖPNV-Trassen und Fußgängerströmen. Viele bestehende Anlagen sind daher nicht wirtschaftlich umbaubar, obwohl Kreisverkehre im laufenden Betrieb oft günstiger sind.
Die konservative Stadtpolitik – in Dresden häufig geprägt durch CDU-nahe Positionen – hat durchaus spürbaren Einfluss auf die Gestaltung des Ampelverkehrs und generell auf die Verkehrsinfrastruktur. Dieser Einfluss zeigt sich in mehreren Aspekten.
Priorität für den motorisierten Individualverkehr
Konservative Verkehrspolitik betont traditionell:
Flüssigen Autoverkehr (z. B. durch grüne Wellen und Ausweitung von Fahrspuren)
Weniger radikale Umgestaltung von Straßen zugunsten von Rad- oder Fußverkehr
Ampelsteuerung oft zugunsten des Autoverkehrs (längere Grünphasen, schnellere Räumung)
In Dresden wurde in der Vergangenheit z. B. die Verkehrsfläche für Radfahrer eher zaghaft erweitert, während die Ampelschaltungen auf Hauptachsen den Verkehrsfluss für Autos bevorzugen.
Zurückhaltung bei progressiven Steuerungsformen
Projekte wie „intelligente Ampelschaltungen“, Verkehrsberuhigung durch Kreisverkehre oder autofreie Zonen werden oft gebremst oder nur lokal begrenzt umgesetzt.
Die Einführung von fahrradfreundlichen Ampelphasen oder ÖPNV-Beschleunigung wurde unter konservativer Führung teils nur zögerlich verfolgt.
Kostenfokus statt Transformation
Konservative Mehrheiten tendieren dazu, bestehende Systeme beizubehalten und kostengünstig zu optimieren, statt radikal umzubauen.
Der flächendeckende Umbau von Kreuzungen zu Kreisverkehren oder der Einsatz moderner Ampelsysteme (z. B. adaptive Steuerung in Echtzeit) wird oft wegen hoher Anfangsinvestitionen verzögert.
Beispielhafte Folgen in Dresden
Die Folge der langjährigen konservativen Stadtpolitik sind die zögerliche Umsetzung von Fahrrad-Vorrang-Ampeln oder getrennter Ampelsteuerung für Fußgänger und Radfahrer. Mehrere Stadtbezirke bleiben ampel- und autodominiert, obwohl der Verkehrsmix dort differenzierter ist. Debatten über Umweltspur oder autofreie Zonen geraten unter konservativer Mehrheit oft ins Stocken. Besonders hervorzuheben ist dabei die Tatsache, dass die konservativen Positionen hierbei nicht nur von CDU und AFD, sondern auch von FDP im Stadtrat vertreten werden. Ansätze zu Verkehrsversuchen und sozialen Experimenten im Verkehrsumfeld, werden laut- und meinungsstark kommentiert und bekämpft.
Fazit:
In Dresden gibt es viele Ampeln, weil die historische Bebauung, das Straßenbahnnetz und der DDR-Stadtumbau diese Lösung begünstigt haben. Kreisverkehre sind seltener, da sie mehr Platz benötigen und mit Straßenbahnknoten schwer kombinierbar sind – werden aber am Stadtrand häufiger eingesetzt.
Geplante und realisierte Kreisverkehre in Dresden
1. Stauffenbergallee / Hammerweg (Albertstadt)
Im Zuge der Sanierung der Stauffenbergallee ist der Bau eines Kreisverkehrs an der Kreuzung Hammerweg vorgesehen.Die Arbeiten sollen zwischen Mai 2024 und Oktober 2025 stattfinden. Dabei wird das Großpflaster durch Asphalt ersetzt, und es entstehen neue Radverkehrsanlagen sowie drei zusätzliche Fußgängerquerungen. Wikipedia
2. Johannstadt: Dürerstraße / Hans-Grundig-Straße
Ein bereits realisierter Kreisverkehr an dieser Kreuzung wurde eingeführt, um einen Unfallschwerpunkt zu entschärfen.Innerhalb von zwei Jahren kam es dort zu sieben Unfällen aufgrund von Vorfahrtsfehlern. Der neue Kreisverkehr soll die Verkehrssicherheit in diesem Bereich erhöhen. DNN – Dresdner Neueste Nachrichten
3. Mickten: Kreisverkehrsanierung
In Mickten wurde ein bestehender Kreisverkehr saniert, wobei neuer Asphalt aufgetragen wurde. Die Arbeiten wurden von der Firma Teichmann Bau GmbH durchgeführt und kosteten rund 60.000 Euro.
Forschung zu neuen Kreisverkehrstypen
Die Technische Universität Dresden beteiligt sich an einem Forschungsprojekt zur Optimierung sogenannter „Turbokreisverkehre“. Diese mehrspurigen Kreisverkehre sollen den Verkehrsfluss verbessern und die Sicherheit erhöhen.Im Rahmen des Projekts wurde eine Umfrage gestartet, um die Gestaltung, Markierung und Beschilderung solcher Kreisverkehre zu untersuchen.
Fazit
Obwohl Dresden historisch bedingt viele Ampelkreuzungen besitzt, zeigen aktuelle Projekte und Forschungen ein wachsendes Interesse an Kreisverkehren, insbesondere zur Verbesserung der Verkehrssicherheit und Effizienz. Die geplanten und realisierten Kreisverkehre in verschiedenen Stadtteilen sowie die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit neuen Kreisverkehrsdesigns deuten darauf hin, dass diese Infrastrukturform in Dresden zunehmend an Bedeutung gewinnt.