Du gehörst auf den Radweg, du Sau!

Dresden ist, was einen großen Teil seiner Bevölkerung angeht, im mentalen Mobilitäts-Zustand der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts geblieben und möchte da auch nicht weg. Welche Schauspiele sich tagtäglich auf Dresdens Straßen zwischen Fußgängern, Radfahrern und Autofahrern abspielen, habe ich in anderen Städten in dieser Form noch nicht beobachtet. Man kann sagen, hier kriegt aber auch jeder sei Fett weg.

Da sind die Autofahrer, die belehren, abdrängeln, schneiden, mit zu geringem Abstand überholen, hupen, fluchen, die Vorfahrt nicht kennen und auch nicht beachten, bei Rot mit überhöhter Geschwindigkeit fahren, mit dem Grünpfeil, den sie als ein seltenes Privileg in Deutschland genießen dürfen, nicht richtig umgehen können und sich zu guter Letzt auch noch fortwährend mit Hilfe einer starken Lobby in der Stadt breit machen.

Fußgänger kennen keine Ampeln, latschen auf den vielen geteilten Rad- und Fußwegen mit Kopfhörern und orientierungslos durch die Stadt, gehen bei Rot, drehen sich nicht um, vergewissern sich nicht und kümmern sich auch sonst wenig um Regeln. Fußgänger sind häufig getarnte Autofahrer, die ihr Auto gerade nicht benutzen.

Aber auch die Radfahrer haben es nicht leicht. Grundsätzlich werden in Dresden von den meisten Radfahrern Fußwege auch als Radweg benutzt. Dies nicht nur auf der einen, sondern gleich auch auf der anderen Straßenseite. Der Fußweg kann dabei noch so eng und durch Fußgänger belebt sein, die Radfahrer kümmert es nicht. Ehe sie auf die Straße ausweichen müssten, benutzen sie lieber den Radweg, das haben sie so von den Autofahrer, die ihnen das jahrelang eingetrichtert haben, gelernt. Das Ganze mag auch noch angehen, wenn sie ihre Kinder begleiten, ist jedoch an Engstellen und dort, wo man sich im Weg für die Autofahrer glaubt, auch ohne Kinder höchst beliebt. Unlängst kontrollierte die Polizei beispielsweise am Blauen Wunder die Radfahrer auf beiden Seiten, der allseits so beliebten Brücke. Es ist sehr üblich, dass die meisten Radfahrer hier auf den beiden Fußwegen rechts und links der Brücke fahren und insbesondere dann in Richtung Schillerplatz, wenn der Fußweg sich auf extrem enge 1,80m Breite verjüngt, wird es schon mal eng zwischen Fußgängern und Radfahrern. Der erzieherische Effekt, den sich die Polizei möglicherweise von ihrer Aktion versprach, ist leider nicht eingetreten. Und an dieser Stelle kommt die von mir bereits häufig kritisierte Verkehrsplanung in Dresden ins Spiel: Das Blaue Wunder besitzt  3 enge Fahrspuren, die zu St0ßzeiten natürlich auch rappelvoll sind. Undenkbar, hier eine Spur zugunsten der Radfahrer einzusparen und zeitgemäße und sichere Wege anzulegen. Das Verkehrsamt argumentiert, die Folgen für den Verkehrsfluss seien dramatisch. Ja, wären sie das mal, es wäre doch toll, wenn sie so dramatisch wären, dass sich viele der Pendler öfter mal überlegten, ob sie die 5 km, die sie morgens ihre Kinder zur Schule oder in den Kindergarten bringen, dies mit dem Rad oder zu Fuß zu tun. Es ist genau die befürchtete Dramatik, die Dresden eigentlich nötig hat.

Nun ist geplant, das Blaue Wunder zu sanieren, das Wahrzeichen ist alt, es hat Sanierungsstau, weil die o.a. Gründe natürlich schon die ganze Zeit galten und man sich bisher vor einer richtigen Lösung gedrückt hat. Nun müsste das alles kein größeres Problem sein, aber rechts und links der Elbe liegende Fahrrad- und Fusswegeinfrastruktur ist auch nicht gerade das, was man tauglich für das 21. Jahrhundert nennen könnte: der Körnerweg, seit Jahrzehnten angemahnter Pendlerweg und mit fahrradfeindlichen aber denkmalschutzfreundlichen Katzenkopfpflastersteinen belegter Pfad in Richtung Stadt ist schlicht nicht nutzbar. Der Radweg links der Elbe ist mit seiner bescheidenen Breite von 1,5m und seiner Mehrfachnutzung durch Fußgänger, Rollschuhfahrer und spazierende Rentner und Kinderwagenschieber auch keine ernst zu nehmende Alternative und verschärft die hausgemachte Situation um ein Vielfaches. Immerhin, der Stadtrad hat bereits die richtigen Eingaben beim Verkehrsamt gemacht, dort muss nur noch richtig umgesetzt werden. Man hat den Eindruck, die Entscheidungen dort, folgen immer noch eher konservativen und das Auto und vor allem den öffentlichen Verkehr bevorzugenden Verkerhrsplanung und -lenkung.

Der öffentliche Verkehr ist der einzige Verkehr, dem es in Dresden so richtig gut geht. Presse, Stadtverwaltung und weitere Institutionen verpassen indes auch keine Gelegenheit zu betonen, wie gut, wie vorbildlich und vor allem auch wie geliebt der öffentliche Nahverkehr in Dresden ist und dass man ihn um jeden Preis erhalten und weiter ausbauen muss. Die starke Unterordnung unter die Vorrangregelungen für den öffentlichen Nahverkehr haben in Dresden jedoch zuungunsten vor allem des Rad- und Fußverkehrs bedenkliche Ausmaße angenommen:

Fußgänger und Radverkehsampelschaltungen an neuralgischen Kreuzungen wie z. B. Stauffenbergallee/Königsbrücker Str., an der vor allem die Straßenbahnen bevorrechtigt werden, sind für Fußgänger und Radfahrer unerträglich lang getaktet und die angebotenen Wege und Abläufe zum Abbiegen schlicht nicht mehr zeitgemäß. Bauliche Bedingungen insbesondere bei den Überwegen über die Königsbrücker Straße, machen ein sicheres und flüssiges Überqueren der Straße, egal ob mit Rad oder zu Fuß, unmöglich.

Der Umbau der Stadt zur zuletzt vielbeschworenen Vorzeigestadt in Sache Mobilität wird noch lange Zeit auf sich warten lassen. So lange fahre ich weiter mit Fahrrad durch die Stadt, rege mich auf und zeige die Stellen und Punkte auf, an denen die Ignoranz und Untätigkeit regiert. Machen Sie doch mit!

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