Verkehrswende – jetzt tausche ich mein altes Auto gegen ein Elektrisches

Man könnte meinen, die Themen der Zukunft beschränken sich auf Dieselfahrverbote, soziale Gerechtigkeit insbesondere beim Wohnen und dem Umbau des Straßenverkehrs vom Verbrennungsauto auf das Elektroauto.

Vielen würde das sicher gefallen, der Mensch findet Neuerungen bevor er sich daran gewöhnt hat, im Allgemeinen unangenehm, wenn nicht sogar bedrohlich und reagiert mit subtiler oder offener Ablehnung. Da ist es schön, wenn Politiker sich fest auf ein Ziel konzentrieren und die Elektromobilität zur nationalen Sache erklären.

Mediale Aufmerksamkeit funktioniert in diesem Umfeld allein dadurch, dass sie die Aufmerksamkeit der Medien auf einzelne Schwerpunktthemen lenkt. Diese müssen verständlich, erfaßbar und im Kern leicht nacherzählbar sein. Sprich, man muss das Ganze in eine BILD-Überschrift packen können.

So reduziert sich ein sehr komplexer Wandel auf einzelne möglichst kontroverse Themen, zu denen sich alle Bürger eine Meinung bilden.

Differenzierte Diskussionen über diese Einzelthemen und ihre Abhängigkeiten zu weiteren Zusammenhängen, enden in kommunikativer Handlungsunfähigkeit. Es ist nämlich schlicht so, dass der Wissensstand der Menschheit derartig enorm ausgebaut wurde in den letzten 20 Jahren, dass niemand mehr alle Themen verstehen, geschweige denn kombinatorisch zu den richtigen Empfehlungen gelangen könnte. Wir sind alle Fachidioten, die in einer Welt leben, von der sie nur noch einen Ausschnitt verstehen.

Wie so oft im Leben, ist die Mobilitätswende (ich meine die ökologische, soziale und wirtschaftlich nachhaltige) keine Frage neuer Technologien z. B. Künstliche Intelligenz, oder IoT oder Cloud. Vielmehr ist die Wende der Mobilität, wie jede Wende aus altruistischen Motiven eine soziale, kommunikative und gesellschaftliche Wende, die auch als solche verstanden werden muss.

In der sozialen Marktwirtschaft tut man sich schwer mit steuernden Modellen; der hohe Wert der bürgerlichen Eigenverantwortung steht oktruistischen und damit bevormundenden Entwürfen im Weg. Ich rede hier und jetzt nicht über die Autoindustrie und ihre Bedeutung für die deutsche Wirtschaft.

Im Grunde geht es aber darum, dass alle das Ziel ins Visier nehmen, Stück für Stück ihr Mobilitätsverhalten zu modernisieren und auf diese Weise, Wert für sich, ihre Kinder und die Gesellschaft zu schaffen.
Die schadstoffreduzierende Wirkung eines individuellen Umstiegs bei täglichen Pendelfahrten mit dem PKW auf den Rad- oder Fußverkehr in einem Umfang von 50% hätte Auswirkungen auf unsere Klimabilanz, die sich alle Protagonisten nicht zu träumen wagten.

Gut, man muss es wollen.
Man muss bereit sein, zumindest könnte man sich auf den Weg begeben. Mit dem Fahrrad im Winter bei Minusgraden eine autofreundliche Strecke zu absolvieren kostet Überwindung. Man kommt ins Schwitzen. Der Körper arbeitet. Lieb gewonnene Kleidung müsste überdacht werden, mit hohen Schuhen oder einer Skinnyjeans radelt es sich schlecht. Und dann das Wetter. Schon mal bei 1° C und festem Nieselregen Montagmorgens durch eine Autostadt zur Arbeit geradelt? Noch nicht? Es ist ein Erlebnis. Aber wenn man nicht mehr allein ist, und viele Tausende es einem gleichtun, wird es normal.

Es gibt Länder, die haben überdachte Radwege und kreuzungsfreie Radschnellstraßen. Da ist man mit dem Rad schneller im Büro als mit dem Auto. Verrückt, nicht wahr? Denkt man den Umbau unserer Städte jedoch zu Ende, verliert dieses Szenario seine Absonderlichkeit. Im Gegenteil. Es ist cool und erstrebenswert.

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